Im Zeichen immer älter werdender Autoren wird es Zeit, in diesem Blog einmal der Hochkultur zu würdigen und etwas Abstand von der Ruderei zu nehmen:
Thema heute: Baustile und Trainingslagerorte
Die Trainingslagerorte dieses Jahres drängen dieses Thema gerade zu auf, italienischer Rationalismus in Sabaudia vs. jahrhundertealte Bautraditionen in Sevilla. Ein Gegensatz wie er größer kam sein kann. Auf der einen Seite die Stadt die sich Legenden zufolge auf den antiken griechischen Helden Herakles beruft, auf der anderen Seite eines der Musterprojekte des Faschismus mit einem Stadtgründer der gerne mit antiken römischen Helden gleichgezogen hätte. Beides hat seinen Reiz, wobei Sevilla aufgrund seiner Größe und der längeren Vergangenheit mit einem deutlich größeren Spektrum aufwarten kann.
Auch wenn die pontinischen Sümpfe schon in vorrömischer Zeit besiedelt waren, so blickt Sabaudia als Stadt erst auf eine ca. 80jährige Geschichte zurück. Nach Trockenlegung der Sümpfe wurde es als eine der Musterstädte des Faschismus erbaut und gilt als Musterbeispiel für den italienischen Rationalismus der 1930er Jahre. Auch wenn heute einiges der Bausubstanz etwas Patina angesetzt hat, so kann man doch noch erahnen welchen städtebaulichen Fortschritt eine solche aus dem Boden gestampfte neue Stadt darstellte: funktionale Aufteilung, klare Formen, Parks, deutlich gegliederte Verkehrachsen.
Das schiere Gegenteil ist die Altstadt von Sevilla, Jahrhunderte wechselvoller Geschichte überlagern sich hier und ergeben ein Gewirr an Gängen und Gassen und ein kunterbuntes Schauspiel der Kultur: maurische Ursprünge, die größte gotische Kathedrale der Welt (auf den Fundamenten der Moschee), der ursprünglich maurische Alcázar oder die Ringmauer mit ihren zahlreichen Türmen. Typisch für Andalusien natürlich auch die Stierkampfarena, die zweitgrößte in Spanien. Dazu kommen dann Bauwerke die die Macht der Stadt als Handelsplatz mit der "neuen" Welt kennzeichnen, ebenso Bauwerke die im Rahmen der ibero-amerikaischen Ausstellung von 1929 geschaffen wurden. Den Abschluss in dieser langen Reihe bilden dann die Bauwerke, die um 1992 zur Expo '92 erbaut wurden, wie die Hängebrücken über den Guadalquivir oder das Stadio Olimpico.
Es ist also spannend, was einem als Ruderer auch an Kultur geboten werden kann (nun müssen wir den Bogen doch 'mal wieder zurück zum Rudern schlagen). Allerdings, der Fachmann wird's erkennen, ist dies alles nur ein knapper Abriss dessen was man erleben und sehen könnte, wenn man nicht ständig am trainieren wäre. Meist reichen Zeit und Nerven neben dem Rudern nur für einen knappen Spaziergang an freien Nachmittagen oder ein Feirabendbier in einer einheimischen Lokalität. Aber man bekommt immerhin einen Eindruck von den Städten und führt insgeheim schon einmal die Strichliste welche Städte und Orte man nach der Ruderkarriere wieder besuchen mag!
Sevilla der Moderne: die Alamillo-Brücke |
1 Kommentar:
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